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Die Tochter endlich wieder in den Arm nehmen...
Jeder, dem ein geliebter Mensch nahesteht, kann vielleicht erahnen, wie es ist, wenn man genau diesen Menschen nach 18 Monaten Trennung endlich wieder in die Arme nehmen kann.
Dies war der große Wunsch von Lars (64 Jahre alt und gesundheitlich stark angeschlagen). So machten wir, Vera (erfahrene Krankenschwester), Anastasia (Medizinstudentin und Rettungssanitäterin) und ich (als zusätzlicher Betreuer), uns mit dem Wünschewagen (im Folgenden WW genannt) auf den Weg, um diesen Wunsch zu erfüllen.
Wir starteten am Sonntag, den 17.08., um 08:00 Uhr in Busdorf bei Schleswig, um unseren Fahrgast Lars um 09:30 Uhr in Kiel aufzunehmen. Bevor dies geschah, hatte ich allerdings schon mein erstes „Gänsehauterlebnis“ für diesen Tag – weitere sollten noch folgen: Wegen eines kleinen Fahrfehlers musste ich den WW kurz vor dem Ziel wenden. Während ich das tat, nahm Vera bereits Kontakt mit der Pflegeeinrichtung auf, in der Lars auf uns wartete. Plötzlich kam eine junge Frau, vielleicht Anfang 30, mit Tränen in den Augen auf mich zu und erzählte mir, dass ihr Freund vor ca. zwei Jahren eine Fahrt mit dem WW hatte. Sichtlich bewegt bedankte sie sich noch einmal herzlich bei allen Wunscherfüllern und Wunscherfüllerinnen.
Dann stieß Anastasia zu uns. Für sie war es die erste Wünschefahrt, und als „Greenhorn“ konnten wir ihr die Aufregung, aber auch die Vorfreude deutlich anmerken.
Gemeinsam nahmen wir Lars auf, der uns aufgeregt in der Pflegeeinrichtung erwartete. Während Vera und Anastasia den WW Richtung Hude im Landkreis Oldenburg (Niedersachsen) steuerten, führten Lars und ich eine angeregte Unterhaltung im Fahrgastraum. Er war in Hamburg groß geworden, erzählte er, und ich lauschte nur zu gerne den Geschichten seines bewegten Lebens. Gegen 14:00 Uhr war es dann so weit!
Wir fuhren auf den Hof der Einrichtung, in der seine Tochter wohnt, weil auch sie gesundheitlich angeschlagen ist. Die gesundheitlichen Probleme beider haben zu der langen Zeit der Trennung geführt, aber an diesem Tag sollte es ein Wiedersehen geben.
Als wir ankamen, stand Lars’ Tochter schon sehnsüchtig auf dem Hof und wartete auf ihren Papa. Die emotionale Begrüßung fand natürlich noch im WW statt, der sofort von ihr „geentert“ wurde.
Nach einem gemeinsamen Begrüßungskäffchen ließen wir die zwei aber alleine. Aus der Ferne konnten wir beobachten und erahnen, dass die beiden ihre Zweisamkeit sehr genossen. Nach ca. 2,5 Stunden mussten wir leider so langsam die Verabschiedung einläuten, denn wir hatten ja noch einen langen Heimweg vor uns.
Sicherlich kann man die verlorene Zeit nach mehr als einem Jahr nicht in wenigen Stunden aufholen, aber wir konnten beiden deutlich ansehen, dass sie sehr glücklich waren.
Zum Abschied gab es vom WW-Team noch den Teddy mit der blauen ASB-Jacke, den Lars selbstverständlich an seine Tochter weitergab.
Auch ein gemeinsames Foto mit uns allen erhielten beide als schöne Erinnerung. Denn zur Ausrüstung des WW gehören u. a. auch ein Fotoapparat und ein mobiler Drucker, was ein Ausdrucken von Fotos vor Ort ermöglicht – eine kleine Aufmerksamkeit mit großer Wirkung!
Auf der Rückfahrt tauschten wir unsere „Rollen“: Anastasia und ich lenkten den WW Richtung Heimat, und Vera hatte die Möglichkeit, Lars etwas näher kennenzulernen. Kurz vor dem Ziel wurde unsere zufriedene Ruhe von seltsamen Geräuschen gestört: Unsere Mägen knurrten ohne Ende! Wir hatten vor lauter Aufregung und Freude noch gar nichts gegessen. Also steuerten wir kurzerhand noch einen Schnellimbiss in Kiel an, und Lars konnte den Tag mit zwei Burgern abrunden. In der Wohneinrichtung angekommen, konnte man Lars die Strapazen anmerken, aber auch ein Glücksgefühl und Dankbarkeit waren durch sein Strahlen deutlich zu erkennen.
Für den WW hieß es dann noch: „Kurs nehmen auf den Heimathafen Elmshorn“, um danach den jeweiligen Heimweg anzutreten. Und somit endete auch für uns nach 750 km und 16 Stunden ein anstrengender, aber unglaublich schöner Tag.
Eine persönliche Anmerkung möchte ich noch anbringen: Der heutigen Jugend wird nur zu oft vorgeworfen, egoistisch und empathielos zu sein. Anastasia, mit ihren 20 Lebensjahren, hat Vera und mir an diesem Tag gezeigt, dass es selbstverständlich auch junge Menschen gibt, die etwas geben möchten. Als Studentin hätte sie diesen sommerlichen Sonntag durchaus auch am Strand verbringen können, aber für sie war es wichtiger, sich für einen sehr kranken Menschen Zeit zu nehmen, um diesem einen Wunsch zu erfüllen. Respekt!